Studie: Status Quo im Handwerk 2025 – Anspruch und Wirklichkeit
Insgesamt bestehen hohen Ansprüche in der Kunden- und Mitarbeiterorientierung. Jedoch sind in nahezu allen Themenfeldern Diskrepanzen zwischen dem gestellten Anspruch und der tatsächlichen Umsetzung.
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Studienhintergrund
Die Studie „Status Quo im Handwerk“ im Rahmen des Projekts Denkschmiede der REGIONALE 2025 analysiert auf Basis einer deutschlandweiten Online-Befragung (n=265) den aktuellen Stand von Handwerksbetrieben in den fünf Kernbereichen: Kundenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Zusammenarbeit, Unternehmensnachfolge und Digitalisierung. Die Befragung zielte darauf ab, nicht nur die grundsätzliche Relevanz (Anspruch) dieser Themen für die Betriebe zu erfassen, sondern auch die tatsächliche Umsetzung in der betrieblichen Praxis (Wirklichkeit) aus Sicht der Unternehmen selbst zu bewerten. Durch den Abgleich zwischen Anspruch und Wirklichkeit lassen sich Lücken, Bedarfe und Entwicklungspotenziale identifizieren, die eine gezielte und bedarfsorientierte Unterstützung ermöglichen.
Methodik und soziodemografischer Hintergrund
- Die Befragung wurde von Anfang Januar bis Ende März 2025 durchgeführt.
- Es wurde eine 5-stufige Bewertungsskala von „1- unwichtig /nicht erfüllt bis 5- wichtig / erfüllt“ genutzt.
- Berücksichtigung aller Gewerke mit Schwerpunkt auf dem SHK- und Elektrohandwerk.
- Die Befragung verteilte sich über ganz Deutschland, wobei ein großer Teil (43%) im äußeren Westen Deutschlands liegt.
- Über 90% der Teilnehmer sind Geschäftsführer oder leitender Angestellte im Betrieb.
- 70% der Betriebe sind klein mit weniger als 19 Mitarbeitern.
- Bei über 50% der Betriebe steht eine Nachfolge in den nächsten 5-10 Jahren an.
Ergebnisse der Studie Status Quo im Handwerk 2025
Größten Diskrepanzen in den Themen Mitarbeitergewinnung und Digitalisierung
Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild der Situation im Handwerk im Jahr 2025. Insgesamt bestehen hohen Ansprüche in der Kunden- und Mitarbeiterorientierung. Jedoch sind in nahezu allen Themenfeldern Diskrepanzen zwischen dem gestellten Anspruch und der tatsächlichen Umsetzung. Die größten Lücken zeigen sich bei den Teilaspekten des Erhebens von systematischen Kundenfeedback, der Digitalisierung nach außen, der Mitarbeitergewinnung und der Etablierung von Mitarbeiterfeedbacksystemen.
Kundenorientierung
Die Kundenorientierung wird als sehr wichtig eingestuft und erreicht in der Bedeutung über alle Kategorien hinweg den höchsten Durchschnittswert. Insbesondere Fachkompetenz und Zufriedenheit stehen dabei im Fokus. Es bestehen jedoch Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit, vor allem beim Thema Kundenfeedback sowie Erreichbarkeit und Terminvergabe. Die systematische Erhebung von Kundenfeedback erfolgt nur selten. Die kleineren Betriebe verlassen sich hier derzeit noch stark auf den persönlichen Kontakt.

Mitarbeiterorientierung
Auch die Mitarbeiterorientierung zeigt hohe Ansprüche an Weiterbildung und Mitarbeiterbindung, wobei diese Ansprüche, unter denen der Kundenorientierung liegen. Besonders deutlich zeigt sich die Umsetzungslücke bei der Mitarbeitergewinnung, wo die größte Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit festgestellt wurde. Die Integration ausländischer Fachkräfte wird als herausfordernd beschrieben. Positive Ausnahmen sind Gratifikationen. Bei der Entgeltabrechnung zeigt sich ein differenziertes Bild zwischen präferierten Lohn- und Gehaltsmodellen. Strukturierte Instrumente zur Leistungsbewertung liegen vielfach in der Praxis nicht vor. Diese gelten jedoch als wichtiges Instrument in der Mitarbeiterbindung.

Zusammenarbeit, Marke, Nachfolge und Digitalisierung
Die Unternehmensnachfolge wird als wichtig erkannt, jedoch ist nur bei etwa der Hälfte der Betriebe eine konkrete Planung vorhanden. Hindernisse bestehen in fehlender Nachfolge und mangelnder unternehmerischer Bereitschaft jüngerer Generationen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Konsolidierung der Betriebe noch weiter zu nimmt.

Die Digitalisierung zeigt ein differenziertes Bild: Insbesondere die interne Digitalisierung (z. B. papierloses Büro) wird als wichtig erachtet, ist aber in der Umsetzung noch ausbaufähig. Die externe Digitalisierung (z. B. digitale Kundenkommunikation) wird insgesamt weniger priorisiert und weist die höchste Umsetzungslücke aller Kategorien auf.
Digitalisierungspotenziale
Der größte Teil der befragten Betriebe sieht insbesondere Chancen in der internen Digitalisierung, etwa durch die Umstellung auf ein papierloses Büro, um administrative Prozesse effizienter zu gestalten. Hier können Digitalisierungssoftware und KI-Tools helfen die zunehmende Menge an Informationen zielgerichteter zu analysieren und bereitzustellen und damit auch dem Personalmangel entgegenzuwirken.

"Moderne Unternehmen müssen sich auf digitale Kommunikation einlassen, die zukünftigen Generationen werden nur noch digital unterwegs sein, strategisch muss sich ein Handwerksunternehmen darauf vorbereiten."
Zitat eines Studienteilnehmers
Handlungsempfehlungen
Systematische Kundenfeedbackprozesse etablieren
Um die Qualität der Dienstleistung nachhaltig zu verbessern und sich im digitalen Raum stärker zu positionieren, sollten strukturierte Feedbackmechanismen eingeführt werden – auch in kleinen Betrieben.
Mitarbeiterbindung durch strukturierte Feedback- und Anerkennungssysteme stärken
Informelle Rückmeldungen sollten durch standardisierte Prozesse ergänzt werden, um eine transparente und wertschätzende Unternehmenskultur zu fördern.
Fachkräftegewinnung strategisch angehen und Integration fördern
Politik und Betriebe sollten gemeinsam an offenen, praktikablen Verfahren zur Integration internationaler Fachkräfte arbeiten. Gleichzeitig sind neue Wege der Personalgewinnung, etwa durch digitale Plattformen oder KI-gestützte Rekrutierung, zu erproben.
Digitalisierung gezielt fördern - intern und extern
Der gezielte Einsatz digitaler Tools – von Kundenkommunikation über Auftragsmanagement bis hin zu KI-basierten Anwendungen – sollte durch Beratung, Förderprogramme und Schulungen begleitet werden. Hier bieten Institutionen und Verbände, wie beispielsweise die Handwerkskammer zu Köln, die Akademie Zukunft Handwerk und weitere Organisationen passende Unterstützungsangebote an. Zudem können Kooperationen zwischen Betrieben helfen, Investitionen zu teilen.
Nachfolgeplanung frühzeitig und strategisch angehen
Die rechtzeitige Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge erfordert externe Unterstützung und verlässliche Netzwerke. Der Aufbau regionaler Anlaufstellen könnte den Prozess erleichtern.
Innovationsimpulse durch Wissensnetzwerke und Transferstrukturen stärken
Einrichtungen wie die Denkschmiede können als Plattformen für Erfahrungsaustausch, Kompetenzaufbau und Innovationsentwicklung fungieren.
Die Ansprechpartner*innen im Projekt

Dr. Sonja Kieffer-Radwan
Projektleitung und Koordination
Kundenbindung & Smart Services
ScienceLoft GmbH
Projektschwerpunkt
Sonja Kieffer-Radwan ist die Initiatorin des Projektes Denkschmiede und Geschäftsführerin der ScienceLoft GmbH. Sie ist spezialisiert auf nachhaltige Kundenbindung durch Smart Services, die den Kunden in den Fokus stellen. Im Projekt ist sie verantwortlich für die Konzeption und Durchführung der Workshopformate, um Unternehmen dabei zu unterstützen, KI-Services kundenzentriert zu entwickeln und anzubieten.
Sonja Kieffer-Radwan ist Diplomkauffrau, zert. Business Trainerin, Speakerin und Hochschuldozentin an der FHM.

Prof. Dr. Ralf Brüning
Kundenbindung durch KI-Services im Handwerk
Fachhochschule des Mittelstands (FHM)
Projektschwerpunkt
Ralf Brüning mitverantwortet die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung des Projekts, insbesondere für den Bereich der Handwerksbetriebe.

Prof. Dr. Lena Rothe
Kundenbindung durch KI-Services im Handwerk
Fachhochschule des Mittelstands (FHM)
Projektschwerpunkt
Lena Rothe ist im Projekt verantwortlich für die wissenschaftliche Begleitung sowie die Konzeption und Durchführung von Workshopformaten als auch die Umsetzung von Transfer Projekten im Rahmen von KI-Services. Ziel ist es Unternehmen und Handwerksbetriebe dabei zu unterstützen, KI-Services kundenzentriert zu entwickeln und anzubieten.

Prof. Dr. Klaus Schafmeister
Evaluation & Konzeptionierung der Transferorte
Fachhochschule des Mittelstands (FHM)
Projektschwerpunkt
Aus Kooperationen folgen oftmals Inventionen, aus Inventionen vielfach Innovationen und ohne Innovationen ist eine erfolgreiche Regionalentwicklungen kaum denkbar. Diesen Prozess optimal in bestimmten Räumen zu entwickeln und zu gestalten, ist der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und Transfertätigkeit von Klaus Schafmeister.